Geschichte

Fusion

Stadtmusik Langenthal

Seit 1996 ist Langenthal offiziell eine Stadt. Genau zehn Jahre hat es gedauert, bis in dieser Stadt eine Stadtmusik gegründet wurde. Die Uhren ticken in Langenthal nicht schneller, aber auch nicht langsamer als anderswo. Veränderungen benötigen Zeit, die Verwirklichung neuer Ideen erfordert Geduld. Bewährtes und Vertrautes wird nicht gerne aufgegeben. Dies darf und soll man ruhig positiv sehen: Die Gefahr von Fehlentwicklungen ist geringer. Die Oberaargauerinnen und Oberaargauer verlieren nicht so rasch die Bodenhaftung. Wenn die Zeit reif ist, wird gehandelt. Für die Langenthaler Blasmusik war die Zeit reif. Über viele Jahre standen die ehemalige Arbeitermusik und der spätere Musikverein mit der sogenannt „bürgerlichen“ Musikgesellschaft Harmonie in Konkurrenz. Manchmal war diese Rivalität ausgeprägt, in anderen Jahren weniger stark, doch spürbar war sie immer. Diese Situation war auch positiv: Konkurrenz belebt, treibt an, erhält lebendig. Wenn sich aber das Umfeld verändert, müssen ehemalige Konkurrenten zusammenstehen. Die Aufgaben und Herausforderungen, welche die Zukunft bringen wird, sind dieselben. Gemeinsam wird es besser gelingen, diese zu bewältigen. Diese Überzeugung hat die Verantwortlichen von Musikverein und Harmonie in den letzten zwei Jahren geleitet. Dank dieser Gewissheit konnten Hindernisse überwunden, Probleme behoben und Lösungen gefunden werden. Der Zusammenschluss von Harmonie und Musikverein benötigte Zeit. Doch das Vorhaben ist gelungen, nicht zuletzt deshalb, weil die Beteiligten die nötige Geduld besassen. Allerdings ist der neue Verein noch nicht so stark und gesund, wie man sich dies gewünscht hat. Die Stadtmusik ist zwar ein Team geworden, aber das Team dürfte noch mehr Playerinnen und Player zählen – vor allem junge. Dank Musikschule und Kadettenmusik hat Langenthal ein grosses blasmusikalisches Nachwuchspotential. Dieses gilt es zu nutzen.

Gründervereine

„Harmonie“ – nicht nur musikalisch
Portrait der Musikgesellschaft Harmonie Langenthal

„Viele, verschieden gestimmte Saiten geben erst Harmonie“, sagte vor bald 200 Jahren der deutsche Dichter und Dramatiker Joseph von Eichendorff. Dass er Recht hatte, bewies jahrzehntelang die Musikgesellschaft Harmonie. Ihre Mitglieder waren Männer und Frauen im Alter zwischen 16 und über 80 Jahren. Ob Fahrlehrer, Treuhänder, Student, Hausfrau oder Pfarrer – in der Harmonie trafen sich Leute allen Alters und aus allen Schichten zum gemeinsamen Musizieren. Und das ergab – meistens – Harmonie.
Für das musikalische Schaffen trug seit 1998 der damals erst 26-jährige Philippe Fehr die Verantwortung. Der bestens ausgebildete Blasmusikdirigent verstand es, die Musikantinnen und Musikanten zu motivieren und mitzureissen. Mit seinem pädagogischen Geschick und seiner kollegialen Art brachte er dem Verein sehr viel. Zwar nahm sich die Harmonie auch in ihren letzten Jahren noch hin und wieder grössere, eher klassische Werke vor und brachte sie auch zur Aufführungsreife. Auf Wunsch einer klaren Mehrheit der Mitglieder widmete sich die Gesellschaft jedoch immer stärker vor allem bekannter und gern gehörter Unterhaltungsmusik aus den letzten Jahren und Jahrzehnten. 
Harmonie wurde aber nicht nur im musikalischen Bereich gepflegt, auch die Kameradschaft bei geselligen Anlässen hatte in der Musikgesellschaft einen hohen Stellenwert. So unternahm der Verein im Abstand von einigen Jahren jeweils grössere Reisen ins Ausland. Im Herbst 2003 zum Beispiel fuhren die Musikantinnen und Musikanten samt Begleitung dem Rhein entlang, bestaunten unter anderem den Loreley-Felsen und wagten sich auch auf den mächtigen Strom. Als Höhepunkt dieser Reise nahm die Harmonie im malerischen Leutesdorf am Winzer-Umzug teil. 

Wichtige Rolle an der Fasnacht und im BKMV

Die 1873 gegründete und damals aus der „Grütli-Musik“ hervorgegangene Harmonie kann auf eine lange und ereignisreiche Vergangenheit zurückblicken. 1905 wirkte die Langenthaler Gesellschaft bei der Gründung des Bernisch-Kantonalen Musikverbands mit. Bereits 1911 wurde denn auch zum ersten Mal ein kantonales Musikfest im Oberaargauer Hauptort durchgeführt. In den 1930er-Jahren spielte die Harmonie als Mit-Trägerin der traditionsreichen Langenthaler Fasnacht eine wichtige Rolle – noch heute sind viele ehemalige Harmonistinnen und Harmonisten mit der 1965 auf einer Harmonie-Reise gegründeten Stimmungsmusik „Dätsch-Clique“ an der Fasnacht präsent. 1974 übernahm der legendäre Erich P. Bader die Harmonie. Er leitete und prägte die Musik während 16 Jahren. 1989 fand zum bisher letzten Mal ein kantonal-bernisches Musikfest in Langenthal statt. 1998 durfte die Harmonie ihren 125. Geburtstag feiern und aus diesem Anlass gleichzeitig einen Oberaargauischen Musiktag durchführen.
In den letzten Jahren kämpfte die Harmonie wie zahlreiche Musikgesellschaften mit stagnierenden bis sinkenden Mitgliederzahlen und der immer ausgeprägteren beruflichen Belastung der Musikantinnen und Musikanten. Obwohl noch immer musikalische Höhepunkte erreicht wurden (z.B. das letzte „eigenständige“ Jahreskonzert mit Standig Ovations im überfüllten Konzertsaal) wurde die Situation für den Verein insgesamt mit jedem Jahr schwieriger. Die Zusammenarbeit mit dem mit ähnlichen Poblemen kämpfenden Musikverein hat sich deshalb als richtig erwiesen.

Zur Erinnerung an den Musikverein 1931-2006

Zahlreiche musikalische Höhepunkte

Die Geschichte des Musikvereins Langenthal (MVL) ist kurz gesagt eine Geschichte der musikalischen Erfolge und Höhepunkte. Besonders im letzten Jahrzehnt konnte der Verein unter Dirigent Bernhard Steiger mehrere glänzende Resultate an Musikfesten feiern. Am eidgenössischen Musikfest 2001 in Freiburg erreichte der MVL in der 1. Klasse Harmonie den dritten Rang in der Kategorie „Konzertant“. Zwei Jahre zuvor holte er am Kantonal-Bernischen Musikfest in Huttwil in der Marschmusik sogar den Sieg in der 1. Klasse. Für die Marschmusik bewies der Musikverein ohnehin schon seit einiger Zeit ein besonderes Flair, hatte er doch bereits am Eidgenössischen Musikfest 1996 in Interlaken in der 2. Klasse der Marschmusik den Sieg davongetragen.
Auch im Ausland sorgte der MVL für Aufsehen und machte dem guten Ruf der Oberaargauer Blasmusik alle Ehre. So ist den ehemaligen Mitgliedern des Musikvereins die Teilnahme am baden-württembergischen Landesmusikfest in Ehingen (Deutschland) von 1998 noch in bester Erinnerung. Der Festumzug wurde direkt im Deutschen Fernsehen übertragenn und das Matinéekonzert in einer 5000 Zuhörer fassenden Festhalle bleibt ein einmaliges Erlebnis.
Der Musikverein hat sich seit seinem Bestehen in der Organisation und Durchführung von Musikfesten bewährt. Bereits fünf Jahre nach ihrer Gründung 1931 führte die damalige Arbeitermusik 1936 den Bernisch-Kantonalen Arbeitermusiktag in Langenthal durch. Zehn Jahre später weihte sie die erste Vereinsfahne. Während dreier Jahrzehnte spielten in der Musik nur Männer, erst 1960 wurde die erste Frau als Aktivmitglied aufgenommen. Ein Jahr später wurde Fritz Neukomm neuer Dirigent, er prägte das musikalische Schaffen von 1961 bis 1974 und noch ein zweites Mal von 1983 bis 1990. 

Namenswechsel als Ausdruck einer anderen Zeitepoche

1983 war es auch, als die Arbeitermusik den Namenswechsel in Musikverein beschloss und dem Bernisch-Kantonalen Musikverband beitrat. Damit signalisierte der Verein schon damals, dass politische Überzeugungen für die Ausübung des Hobbys Blasmusik keine Rolle mehr spielen sollen und eine entsprechende Ausrichtung überholt ist.
Mit der Wahl von Bernhard Steiger 1992 zum neuen Dirigenten konnte der Verein wie erwähnt seine musikalische Erfolgsgeschichte fortschreiben. Nach der Demission Steigers im Jahr 2003 wählte der Musikverein zwar mit Guido Kunz einen neuen, jungen Dirigenten; gleichzeitig waren sich die Verantwortlichen aber bewusst, dass angesichts des spärlichen Nachwuchses und der immer grösser werdenden beruflichen Belastung der Mitglieder eine Zusammenarbeit mit der Musikgesellschaft Harmonie längerfristig am meisten Erfolg verspricht.